energiestiftung.ch energiestiftung.ch Magazin 2022-03-Energie&Umwelt → Editorial - So geht das nicht.

So geht das nicht.

Viele Fragen zum geologischen Tiefenlager für Atommüll sind noch immer offen.

Editorial von Verena Schneider*

Liebe Leserinnen und Leser

Wenn Sie dieses Magazin in den Händen halten, wird schon sehr bald der Standortentscheid für das von der Nagra geplante geologische Tiefenlager kommuniziert, das 2060 in Betrieb genommen werden soll. Gefällt ist er schon länger, und jede der Standortregionen Nördlich Lägern in der Region Bülach, Jura Ost in der Nähe von Brugg AG und Zürich Nordost im Zürcher Weinland hofft, dass sie nicht zum Handkuss kommt. Trotz allem kommt der Entscheid zu früh, denn noch ist nicht alles erforscht.

Was mich erschreckt: Ich war 18 und damit im selben Alter wie mein Sohn heute, als ich realisierte, dass wir für unseren Stromverbrauch voll auf eine gefährliche Energiequelle setzten, bei der die Abfallfrage nicht gelöst war. Damals wurde Atommüll noch im Meer versenkt. Aus den Augen, aus dem Sinn. Das Abfallproblem ist bis heute ungelöst.

Seit Jahrzehnten wird der anfallende schwach-, mittel- und hochradioaktive Abfall im oberirdischen Zwischenlager und im Bundeszwischenlager in Würenlingen AG gelagert. Da bin ich aufgewachsen. Das hat mich geprägt. 1970 stürzte bei einem Terroranschlag eine entführte Swissair-Coronado nur 300 Meter vom Zwilag und gut 900 Meter vom AKW Beznau entfernt ab. Ich war sechs Jahre alt und erinnere mich bestens daran.

Was ist die Zukunft in der Endlagerungsfrage? Heute wollen wir den Atommüll für die nächsten Hunderttausende von Jahren 500 bis 900 Meter tief im Fels verschliessen. Erst glaubte die Nagra, Anhydrit sei das richtige Wirtgestein; dann setzte sie voll auf Granit, und seit einigen Jahren soll nun der Opalinuston die Garantie für eine sichere Endlagerung sein. Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube – da halte ich es mit Goethe.

Und ich hätte noch ein paar Fragen: Wie sollen künftige Generationen wissen, dass tief im Fels unter ihren Füssen unser strahlendes Erbe liegt? Wer garantiert, dass die heute vorliegende «Lösung» 2060 noch immer die beste sein wird? Wer bezahlt die Rechnungen, wenn die Abfallverursacher:innen nicht mehr existieren? Und warum darf der Standortentscheid mit seinen gewaltigen Konsequenzen für die betroffene Region ohne demokratische Volksabstimmung gefällt werden?

Die SES wird den Tiefenlager-Prozess in der Schweiz auf jeden Fall eng mitverfolgen und sich wo immer möglich einbringen.

Administration und Mitgliedswesen

Silvio Piffaretti

Administration & Mitgliedswesen
+41 44 275 21 21
silvio.piffaretti@energiestiftung.ch

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