Energieverordnung: Riesiges Stromspar-Potenzial, doch der Bundesrat zögert
Valentin Schmidt,
Vernehmlassung der neuen Mindeststandards für Geschirrspüler, Computer, Wärmepumpen und andere Geräte: Mit besseren Geräten liessen sich über acht Prozent des Schweizer Stromverbrauchs einsparen. Der Bundesrat will jedoch nur einen kleinen Bruchteil dieses Sparpotenzials nutzen, wie seine neuen Vorschläge zeigen. Die Umweltverbände verlangen umfassende Nachbesserungen im Kampf gegen die Stromverschwendung.
Die Mindeststandards in der Energieverordnung (EnV) bestimmen, wie viel Strom Produkte von der Lampe bis zur Wärmepumpe maximal verbrauchen dürfen. Mit einer konsequenten, an bester Technik orientierten Stromsparpolitik lassen sich bei den Geräten jährlich bis zu 5 Terawattstunden sparen, wie aktuelle Daten der Schweizerischen Agentur für Energieeffizienz (S.A.F.E.) zeigen (Gesamtverbrauch Schweiz: 59 TWh; Produktion AKW Mühleberg: 2.9 TWh). Der Bundesrat will jedoch nur knapp einen Sechstel dieses Potenzials ausschöpfen: Mit seinem Vorschlag für die EnV-Revision sinkt der Verbrauch bloss um 0.75 TWh pro Jahr. «Erst die Energieeffizienz macht die Energiewende klima- und naturverträglich», kommentiert Patrick Hofstetter vom WWF Schweiz. «Es ist unverständlich, dass sich der Bundesrat mit diesen völlig ungenügenden Massnahmen gegen die Stromverschwendung zufrieden geben will.»
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat kürzlich untersuchen lassen, wie gut Mindeststandards als Energiesparmassnahme funktionieren. Fazit: Es gibt nur Gewinner – Unternehmen profitieren finanziell genauso wie Konsumentinnen und Konsumenten. «Ein solches Instrument ist wirksam und kann problemlos umgesetzt werden: Es fördert Innovationen und vor allem spart es Energiekosten», sagt Marco Pfister von Greenpeace Schweiz. «Zudem wird die Kaufentscheidung einfacher, wenn die schlimmsten Energiefresser gar nicht mehr auf den Markt kommen.»
Positiv ist, dass der Bundesrat viele Effizienzstandards der EU übernimmt. Aber er tut das oft mit unnötiger mehrjähriger Verzögerung. Felix Nipkow von der Schweizerischen Energiestiftung: «Es kann doch nicht sein, dass die Schweizer Politik langsamer arbeitet als die EU mit ihren 28 Mitgliedsländern.» So nimmt es der Bundesrat etwa bei Staubsaugern und Klimageräten gemütlicher als die EU. Gar keine Mindeststandards soll es im Gegensatz zur EU für Autoreifen geben. «Damit lässt sich das Potenzial für Treibstoffeinsparungen durch Autoreifen mit gutem Rollwiderstand in der Schweiz nur ungenügend ausnützen», so Kurt Egli vom VCS. Bei der Beleuchtung werden wichtige Produkte nicht erfasst, obschon sich alleine hier mehr Strom einsparen lässt, als das AKW Mühleberg produziert. Für die Umweltverbände ist klar: «Der Bundesrat muss seine eigene Energiestrategie endlich ernst nehmen und bei den Mindeststandards massiv nachbessern«, sagt Michael Casanova von Pro Natura.
Thomas Wälchli
Leiter Fachbereich Nachhaltige Energienutzung
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