Stellungnahme zur Änderung der Winterreserveverordnung
Léonore Hälg,
Der Bundesrat möchte mit der Änderung der Winterreserveverordnung (WResV) den Boden für weitere Ausschreibungen für fossile Reservekraftwerke ebnen. Die SES kritisiert dieses Vorgehen, fehlt doch noch immer eine gesetzliche Grundlage für die Winterreserveverordnung, die im Zuge der Verwerfungen auf den Energiemärkten im Sommer und Herbst 2022 als Notverordnung eingesetzt wurde. Die SES fordert den Bundesrat deshalb auf, zuerst die nötigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, bevor noch mehr Investitionen in womöglich unnötige fossile Infrastruktur fliesst.
Die Winterreserveverordnung wurde Ende des letzten Jahres vom Bundesrat angesichts einer drohenden Strommangellage im Spätwinter 22/23 verabschiedet. Diese Strommangellage ist glücklicherweise nicht eingetreten, dies dank milder Temperaturen aber auch verbrauchsseitigen Massnahmen. Im Zuge der Einführung der Winterreserveverordnung konnten neben der Wasserreserve neue und bereits existierende fossile Reservekapazitäten von 336 Megawatt gesichert werden. Dass nun weitere Ausschreibungen folgen sollen, da die Winterreserveverordnung fossile Reservekapazitäten bis 1000 Megawatt vorsieht, ist für die SES unverständlich. Wie bereits erwähnt, entbehrt diese Verordnung einer gesetzlichen Grundlage. Stand heute steht die Stromversorgung im kommenden Winter unter sehr viel positiveren Vorzeichen als im letzten Jahr. Solche substanziellen Investitionen sollen aus Sicht der SEES deshalb nicht auf Basis einer Notverordnung getätigt werden. Auch bezweifeln wir, dass eine Reserveleistung von 1000 Megawatt tatsächlich nötig sein wird. Dieser Wert entstammt aus Studien, die die Winterstromlücke ab dem Jahr 2026 – und nicht 2023 – berechnet haben und jüngste wesentliche kurz- und langfristige Entwicklungen auf dem Energiemarkt unberücksichtigt lassen. Zu diesen Entwicklungen gehören unter anderem der deutliche Aufwärtstrend im PV-Ausbau der letzten beiden Jahre und im ersten Halbjahr dieses Jahres und die absehbaren gesetzlichen Anpassungen im Rahmen des Mantelerlasses Energie und der verabschiedeten sogenannten Solar- und Windexpresse (Erhöhung der Ausbauziele, Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen, etc.), den vermehrten Import von LNG aus verschiedenen Ländern statt Erdgas aus Russland und das Gasabkommen mit Italien, sowie die derzeit hohe Verfügbarkeit der Stromproduktionskapazitäten in den europäischen Nachbarländern. Schliesslich zeigen zwei kürzlich veröffentlichte Studien der ZHAW, dass der Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion und der Energieeffizienz Unsicherheiten in der Winterstromversorgung günstiger, effektiver, langfristiger und vor allem auch klimafreundlicher vorbeugen können als fossile Reservekraftwerke.
Die SES lehnt die vorliegende Verordnungsrevision grundsätzlich ab und fordert den Bundesrat auf, bevor die entsprechende Gesetzesrevision verabschiedet ist, keine zusätzlichen fossile Reservekapazitäten auszuschreiben. Im Gegensatz erwartet die SES, dass der Bundesrat die vom Parlament im Stromversorgungsgesetz (StromVG) vorgesehenen Ausschreibungen für die flexible Lastreduktion von grossen Verbraucher:innen vorsieht.
Léonore Hälg
Leiterin Fachbereich erneuerbare Energien & Klima
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