Öko-Institut zweifelt am Sicherheitsnachweis von Beznau I
Valentin Schmidt,
Um den Sicherheitsnachweis der Axpo sowie die Beurteilungen des Ensi und des internationalen Expertengremiums (International Review Panel, IRP) nachzuvollziehen, haben die SES und Greenpeace Schweiz beim Öko-Institut ein Gutachten in Auftrag gegeben. Ausserdem reichte die SES beim Ensi Gesuche gemäss Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ-Gesuche) ein, um anhand der relevantesten Dokumente den Entscheid des Ensi zu prüfen. Selbst das Bundesverwaltungsgericht hat 2017 entschieden, dass Untersuchungsergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen seien. Dem sind das Ensi und die Axpo bis heute nicht nachgekommen. Das Gutachten des Öko-Instituts bezieht sich daher auf die bislang öffentlich zugänglichen Dokumente und bringt folgende Kritikpunkte hervor:
- Es gibt in keinem nationalen oder internationalen Regelwerk Vorgaben zu den Problemen am RDB von Beznau I beziehungsweise zur Herstellung einer Replika respektive derer Repräsentativität.
- Die Ergebnisse der Replika zum Materialverhalten mit Aluminiumoxideinschlüssen sind nicht auf den RDB übertragbar.
- Die Untersuchungen lassen keine Erkenntnisse über die Interaktion von Strahlenversprödung, Materialermüdung und Materialfehler zu.
- Axpo, Ensi und IRP quantifizieren die eingeräumten Unsicherheiten nicht.
«Wenn die Axpo so überzeugende Ergebnisse vorgelegt hat, dann müssten sich weder das Ensi noch die Axpo vor einer kritischen Überprüfung fürchten», so der Kommentar von Simon Banholzer, Leiter Fachbereich Atomenergie bei der SES.
Die SES und Greenpeace Schweiz nehmen die Kritik des Öko-Instituts ernst und fordern die vorläufige Ausserbetriebnahme von Beznau 1, bis mit wissenschaftlich anerkannten Methoden die Sicherheit bewiesen werden kann. Zudem erwarten wir eine Reaktion in Sachen Transparenz: Das Ensi und die Axpo müssen die angeforderte Dokumentation freigeben, damit die interessierte Bevölkerung und die Wissenschaft den Sicherheitsnachweis nachvollziehen und überprüfen können.
Der Sicherheitsnachweis von Beznau I – die Chronologie
2011: Das Ensi verlangt von der Axpo den Beweis, dass der Reaktordruckbehälter des AKW Beznau auch nach 60 Betriebsjahren sicher sein wird. Das Resultat nach herkömmlicher Methode liegt nur knapp unter dem vom UVEK festgelegten Grenzwert. 2010 hatte das Ensi neue Methoden eingeführt, die der Axpo zu besseren Ergebnissen verhalfen. Das Ensi akzeptierte in der Folge den Sicherheitsnachweis für 60 Betriebsjahre.
2012: Die Medien berichten, dass der Stahl der Reaktordruckbehälter von belgischen AKW tausende möglicherweise sicherheitsrelevante Einschlüsse beherbergen. Die Western European Nuclear Regulators Association (WENRA) empfiehlt daraufhin alle AKW mit geschmiedeten Reaktordruckbehältern auf Einschlüsse zu überprüfen.
2015: Die Axpo führt auf Anweisung des Ensi Ultraschalltests in den Reaktoren Beznau I und II durch. Das Resultat: Auch Beznau I enthält viele blasenförmige Einschlüsse, womit der Sicherheitsnachweis gefährdet ist. Das AKW muss vom Netz.
2016: Um die Sicherheit von Beznau I zu belegen, muss die Axpo nachweisen, dass die Einschlüsse die Materialeigenschaften nicht beeinträchtigen. Weil kein verwertbares Originalmaterial mit identischen Einschlüssen für Tests zur Verfügung steht, lässt die Axpo eine Kopie (Replika) des Rings C des Reaktordruckbehälters schmieden.
2018: Die Axpo präsentiert die Einschlüsse als Aluminiumoxid, die den Stahl des Reaktordruckbehälters nicht schwächen würden. Das Ensi akzeptiert den Sicherheitsnachweis und lässt Beznau I wieder ans Netz. Ein internationales Expertengremium (International Review Panel, IRP) bestätigt die Beurteilung des Ensi.
Simon Banholzer
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