Hochwasserstudie geht in Fragezeichen unter
Valentin Schmidt,
In den nächsten Tagen jährt sich die Fukushima-Katastrophe zum 10. Mal. Dies erinnert uns daran, dass der Begriff «Restrisiko» keine leere Floskel ist und wir die potenziell gravierenden Auswirkungen auf Risiko-Infrastrukturen wie etwa Atomkraftwerke ernst nehmen sollten. Ob die Lehren aus Fukushima in der Schweiz konsequent gezogen wurden, dahinter ist aus Sicht der SES mindestens ein grosses Fragezeichen zu setzen.
ENSI: «Die Schweizer AKW sind sicher»
Die heute veröffentliche Hochwasser-Studie wurde im Nachgang an den GAU von Fukushima lanciert und soll solidere Grundlagen liefern, um die Hochwassergefährdung der Schweizer AKW zu beurteilen. Die befürchteten maximalen Wassermassen sind denn auch weitaus höher als in bisherigen Nachweisen eingerechnet. Die grosse Gefahr steckt in den möglichen Verstopfungen (Verklausungen) von Wehren und Brücken rund um die AKW, deren Wahrscheinlichkeiten gemäss Studienautoren unbedingt verfeinert werden müssen. Zwar müssen die Betreiber laut ENSI nun entsprechend aktualisierte Nachweise erbringen. Dennoch ist das Urteil des ENSI bereits gefällt: «Die Überflutungshöhen werden von allen KKW beherrscht».
Potenziell fast doppelt so starke Wassermassen für Beznau
Die Hauptaussage der Studie lautet, dass bei der Aaremündung in den Rhein bis zu 7000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durchfliessen könnten – eine neue Höchstmarke. Nach Fukushima sprach man stets von 4200 m3/s für das AKW Beznau, das nahe an der Mündung liegt. Wie also können bisherige Hochwassernachweise noch etwas taugen? Fakt ist, dass das ENSI nur die Beherrschung eines 10’000-jährlichen Extremhochwassers vorschreibt. Die 7000 m3/s treffen gemäss EXAR zehnmal seltener ein. Die SES meint: Gerade Fukushima hat gezeigt, dass auch wenig wahrscheinliche Ereignisse durchaus eintreten können.
Klimawandel verstärkt Hochwasser
Die Studie lässt allerdings den Einfluss des Klimawandels auf Hochwasservorkommnisse aussen vor. Das BAFU selbst erklärt seit einiger Zeit, dass Langzeitbeobachtungen alleine nicht mehr ausreichen für ein vertieftes Verständnis des Zusammenhangs zwischen Klimaänderung und Extremereignissen. Entsprechend liegt nahe, dass die Wahrscheinlichkeiten für extreme Hochwasser unterschätzt werden.
Die SES wird die Studie nun eingehend untersuchen und zu gegebener Zeit dazu kommunizieren.
Stephanie-Christine Eger
Leiterin Fachbereich Atomenergie
+41 44 275 21 20
stephanie.eger@energiestiftung.ch