energiestiftung.ch energiestiftung.ch Magazin 2024-02-Energie&Umwelt → Tribüne: Verantwortung für Mensch, Wirtschaft und Natur
Geschützte Greina-Hochebene

Verantwortung übernehmen für Mensch, Wirtschaft und Natur

Seit über 25 Jahren haben meine Frau und ich zahlreiche Projekte zum Erhalt der Artenvielfalt, für Biolandbau und die Reduktion des Ressourcenverbrauchs gefördert. Dabei gilt es immer abzuwägen, ob ein Eingriff in die Natur mehr Nutzen als Schaden bringt.

Von Hans-Rudolf Zulliger

Unsere dringendste Aufgabe ist, die Zerstörung unserer Lebensgrundlage durch gesundheitsschädigende Abgase von Benzin, Öl und Gas aufzuhalten. Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 ist mit minimalen Eingriffen in die Natur möglich, doch hat die Politik diesen Wandel über Jahrzehnte bekämpft. Im September hat das Parlament endlich neue Grundlagen verabschiedet.

Damit kann der gesamte Verkehrs- und Gebäudesektor auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Das ist ein gewaltiger Schritt. Über 80 Prozent des Ausbaus der Erneuerbaren erfolgt dabei auf bestehenden Infrastrukturen. Der Rest betrifft Wind- und Solaranlagen sowie Wasserkraftwerke in weitestgehend unbedenklichen Gebieten.
Naturschützer befürchten trotzdem einen Freipass, um den Naturschutz auszuhebeln. Doch werden die Schadstoffe und Klimagase radikal reduziert, sodass gerade die Landschaft und Biodiversität profitieren werden. Wer dieses Gesetz ablehnt, wird also die Zerstörung der Natur und Landschaft beschleunigen.

Das Gesetz stärkt zudem die Versorgungssicherheit, da wir fast doppelt so viel erneuerbare Energie wie bisher im Inland produzieren und uns von fossilen Brennstoffen aus Schurkenstaaten unabhängiger machen werden. Einige Gegner propagieren als Alternative neuartige Atomkraftwerke. Als Nuklearingenieur und Physiker entgegne ich hier: Wer auf neue Atomkraftwerke setzt, fährt eine Hochrisikostrategie. Damit meine ich nicht einen atomaren GAU, den radioaktiven Müll oder den unsicheren Uran-Import. Wer auf neue AKW setzt, wettet auf Strom, der frühestens in 25 Jahren fliessen wird. Angesichts des unwägbaren Sicherheitsnachweises werden sich Investoren nur finden lassen, wenn der Staat die finanziellen sowie alle Betriebsrisiken übernimmt – sehr teuer und politisch hoch riskant, während die Erneuerbaren bereits auf Umsetzung harren.

Ich stehe klar hinter dem neuen Stromgesetz. Es erlaubt weiterhin, schädliche Projekte vor Gericht anzufechten, und klärt, in welchen Gebieten der Ausbau prioritär zu erfolgen hat. Das ist eine klare Verbesserung gegenüber dem heutigen Wildwuchs mit jahrelangen Verzöge- rungen und Gerichtsverfahren. Auf ein besseres Gesetz zu spekulieren, ist unverantwortlich gegenüber den Menschen, der Wirtschaft und der Natur in diesem Land.

Als Naturschützer werde ich mich jedoch auch in Zukunft ebenso klar für die Rücksichtnahme auf die Natur einsetzen.

Dr. Dr.h.c. Hans-Rudolf Zulliger

Physiker, Nuklearingenieur und langjähriges SES-Mitglied