Flyer: Atommüll - Aus den Augen, aus dem Sinn?
Valentin Schmidt,
Sicherheit muss Vorrang haben
Sackgasse Sachplan
Der Sachplan geologisches Tiefenlager folgt einem strikt politischen Fahrplan und nimmt keine Rücksicht auf ungeklärte Sicherheitsfragen. Deshalb wird der Standortentscheid gefällt, bevor alle technischen Probleme gelöst sind.
Keine Abbruchkriterien
Es gibt keine klaren und verbindlichen Kriterien dafür, wann das Atommülllagerprojekt abgebrochen werden muss. Was passiert, wenn in späteren Projektphasen Probleme auftreten?
Rückholbarkeit ungewiss
Die Rückholbarkeit der radioaktiven Abfälle ist für die kommenden Generationen entscheidend. Ab Beginn der Einlagerung nimmt die Möglichkeit zur Rückholung schrittweise ab – nach dem Verschluss des Lagers ist eine Rückholung kaum noch möglich. Erst 2024 muss die Nagra ein Grobkonzept zur Rückholbarkeit vorlegen.
Wissenslücken Rahmengestein
Das Rahmengestein, das den Opalinuston als eigentliches Wirtsgestein umgibt, wurde nicht standortunabhängig untersucht. Seine Barrierewirkung, aber auch seine Bedeutung für den Transport von Radionukliden in die Biosphäre oder die Sicherheit der Lagerbaustelle werden erst geprüft, nachdem der Standort feststeht.
Hydrogeologische Analysen unvollendet
Der Standortentscheid wird getroffen, bevor alle sicherheitsrelevanten Fragen – etwa zur Hydrologie – vollständig geklärt sind. Es fehlen transparente Analysen der bestehenden Untersuchungen und weitere Abklärungen.
Atomausstieg muss gesichert werden
Noch immer laufen die vier verbliebenen Schweizer Reaktoren unbefristet. Damit ist ein zentrales Akzeptanzkriterium für die Menschen in den möglichen Atommülllagerstand- orten nicht erfüllt.
Atommülllager ohne Demokratie
Ein Lager kann gegen den Willen der lokalen Bevölkerung gebaut werden. Damit muss das Lagerprojekt nicht dort überzeugen, wo es realisiert wird – es wird einfach durchgesetzt. Ein Jahrtausendprojekt dieser Dimension braucht mehr Demokratie!
Relativ statt absolut
Der Standortentscheid stützt sich nur auf relative Kriterien. Die Option, dass sich keiner der möglichen Standorte absolut eignet, wird von vornherein ausgeschlossen.
Beobachtungszeit zu kurz
50 Jahre Beobachtung reichen nicht. Die Überwachung der hochradioaktiven Abfälle muss langfristig gewährleistet sein – ebenso deren Rückholbarkeit.
Was kommt nach der Nagra?
Das Verursacherprinzip funktioniert nur, solange die Verursacher existieren – der Abfall aber bleibt. Es braucht eine griffige Lösung dafür, dass die Verantwortung für den Atommüll nicht zeitgleich mit den AKW-Betreibern verschwindet. Was wird aus der Nagra, wenn ihre Mitgliederorganisationen in ihrer heutigen Form nicht mehr existieren?
Volles Risiko für die Standortregion
Das Haftungs- und Kostenrisiko liegt nach der Verschlussphase – gemäss Nagra ab ca. dem Jahr 2125 – vollständig bei der betroffenen Region. Das ist politisch inakzeptabel.
Etiketten für die Ewigkeit?
Das Lager für AKW-Abfälle muss gemäss Kernenergiegesetz dauerhaft markiert werden. Kommende Generationen müssen wissen, wo wir den Untergrund für sie unbenutzbar gemacht haben. Die Lösung der Markierungsfrage ist noch völlig offen.
Stephanie-Christine Eger
Leiterin Fachbereich Atomenergie
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stephanie.eger@energiestiftung.ch