US-Atomindustrie erleidet Schiffbruch mit SMR-Projekt
Fabian Lüscher,
Das US Department of Energy hatte das Projekt der Start-Up-Firma NuScale Power bisher mit 600 Millionen Dollar unterstützt und weitere 1.35 Milliarden in Aussicht gestellt. Nun ist klar: Trotz dieser massiven Staatshilfe werden SMR-Technologien in den USA auf lange Zeit keinen Strom liefern. Denn NuScale Power ist das einzige Unternehmen, das bisher von der amerikanischen Aufsichtsbehörde eine Genehmigung für das Design solcher Reaktoren-Typen erhalten und einen Antrag für eine Baubewilligung eingereicht hat.
Wirtschaftlich nicht rentabel
Gescheitert ist das Projekt aus zwei Gründen. Zum einen haben technische Probleme die ursprüngliche Inbetriebnahme per 2026 stetig verzögert. Zuletzt wurde der Betrieb des «Carbon Free Project» für 2029 in Aussicht gestellt. Zum zweiten hat sich der erwartete Preis pro Megawattstunde von 55 auf 89 Dollar erhöht, ohne Subventionen der amerikanischen Steuerzahler gar auf 119 Dollar . Die rund 50 Projektpartner wollten diesen Preis für Strom aus SMR-Technologie vertraglich nicht garantieren. Doch ohne diesen Fixpreis ist das Projekt und der Betrieb nicht mehr wirtschaftlich zu finanzieren. John Hopkins, CEO von NuScale Power, erklärte gegenüber US-Medien: «Wenn man einmal auf einem toten Pferd sitzt, sollte man schnell absteigen. Das war hier der Fall.»
Was hat das mit der Schweiz zu tun?
Obwohl die SMR-Technologie weit von einer tatsächlichen Kommerzialisierung steht, haben Atomlobbyisten auch in der Schweiz damit begonnen, den Traum neuer, markttauglicher Reaktoren in die energiepolitische Debatte zu tragen. Gerade der von den AKW-Betreibern bezahlte PR-Verein «Nuklearforum» trägt dick auf, wenn es um SMR geht.
Betretenes Schweigen in der Schweiz
In der energiepolitischen Debatte in Europa und der Schweiz hat diese vermeintlich bereits verfügbare, günstige und saubere Reaktortechnologie immer mehr Raum eingenommen. Das NuScale-Projekt in Utah war dabei das absolute Vorzeigeprojekt und der grosse Hoffnungsträger der hiesigen Atombefürworter. Es sollte den Beweis antreten, dass sich die Industrie über kleine und modulare Kraftwerke neu erfinden könne – und der Ausstieg aus der Atomenergie ein Fehler sei. Dieses Narrativ verbreiten in der Schweiz diverse Energiepolitiker, die Atomlobby über den PR-Verein «Nuklearforum» und den Energieclub Schweiz. Im Parlament wurden Minderheitsanträge gestellt, die das AKW-Neubauverbot zumindest für diese scheinbar vielversprechende Idee von kleinen, modularen Reaktoren lockern wollten. Die Erzählung von der marktfähigen und kostengünstigen neuen Atomtechnologie haben auch viele Medien unkritisch kolportiert – obwohl weltweit noch kein SMR in Betrieb ist.
Keine markttauglichen Lösungen garantiert
Die SES hat immer wieder davor gewarnt, solche Start-Up-Ideen, staatliche Forschungsprojekte und SMR-Visionen als tatsächlich verfügbare Lösungen für unsere drängenden energiepolitischen Herausforderungen zu verklären. Das vollständige Scheitern des NuScale-Projekts bestätigt in aller Deutlichkeit, dass Nordamerika und Europa noch meilenweit von markttauglichen Lösungen entfernt sind.
Leere Versprechen gefährden die Energiewende
Das Scheitern von NuScale entlarvt die energiepolitischen Versprechungen der Atomindustrie. Zum heutigen Zeitpunkt fehlt diesen Innovationen noch jegliche Grundlage, um darauf die Energiezukunft und die Versorgungssicherheit der Schweiz aufzubauen. Wieso soll die Schweiz solche Projekte vorantreiben, wenn selbst das massiv geförderte Aushängeschild der USA schon vor Erteilen der Baubewilligung aufgeben muss?
Vielleicht geht es ja auch nur um Obstruktion. Denn die realitätsfernen AKW-Versprechen werden meist gegen die Energiewende und die erneuerbaren Energien ins Feld geführt. Der Siegeszug der Erneuerbaren soll um jeden Preis behindert, verzögert und abgewendet werden. Dieses Kalkül einer kleinen aber einflussreichen Atomlobby gilt es in Zukunft in der energiepolitischen Diskussion zu bedenken.
In Ohio wollen die 50 Partner des SMR-Projekts von NuScale nun alternative Möglichkeiten prüfen – insbesondere den Ausbau der Solar- und Windenergie.
Fabian Lüscher
ehem. Leiter Fachbereich Atomenergie